Nach einer aktuellen Statistik des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wurden im letzten Jahr fast 3,5 Millionen Einsprüche eingelegt. Zusammen mit den noch unerledigten Einsprüchen aus den Vorjahren hatten die Finanzämter über 5,8 Millionen Einsprüche zu bearbeiten. Mehr als die Hälfte der Einsprüche – rund 3,2 Millionen – wurden im vergangenen Jahr erledigt.
In fast zwei Drittel der Fälle (65,6 Prozent) waren die Steuerpflichtigen erfolgreich, so dass die Bescheide zu ihren Gunsten geändert wurden. Tatsächlich erfolglos oder zumindest teilweise erfolglos sind nach der Statistik nur 14 Prozent der Einsprüche. Ein Fünftel (rund 20 Prozent) der eingelegten Einsprüche haben die Steuerpflichtigen zurückgenommen.
Nach Ansicht des Bundesverbandes Lohnsteuerhilfevereine (BVL) zeigt diese positive Bilanz, dass Kürzungen oder Streichungen durch die Finanzämter nicht tatenlos akzeptiert werden sollten. „Steuerpflichtige sollten die Bescheide umgehend prüfen und bei Abweichungen einen Einspruch einlegen“, rät Jana Bauer, Referentin Steuern und Medien beim BVL. Mit einem Einspruch können aber auch eigene Fehler in der Steuererklärung korrigiert und vergessene Aufwendungen nachträglich geltend gemacht werden.
Der Einspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheides schriftlich beim jeweils zuständigen Finanzamt eingehen. Der Einspruch kann elektronisch über das Elster-Online-Portal eingelegt werden. Auch eine einfache E-Mail ist möglich. Geht der Steuerbescheid – wie üblich – mit einfacher Post ein, gilt der Brief am dritten Tag als zugestellt. Falls dieses Datum auf einen Feiertag oder ein Wochenende fällt, verschiebt sich die Monatsfrist für den Einspruch auf den nächsten Werktag. Das gleiche gilt, wenn die Einspruchsfrist an einem Feiertag oder Wochenende endet.
Ganz einfach geht der Einspruch, wenn zum Streitfall bereits ein vergleichbares Verfahren beim Bundesfinanzhof oder beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist. In diesem Fall sollte das Ruhen des Einspruchs bis zur Gerichtsentscheidung beantragt werden.
Bei einem Einspruch prüft das Finanzamt den Fall erneut und ändert entweder den Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen oder bleibt bei seiner Auffassung. In diesem Fall empfiehlt das Finanzamt meist, die Erfolgsaussichten des Einspruchs zu überdenken und den Einspruch zurückzunehmen.
Entscheidet das Finanzamt über den Einspruch zu Ungunsten des Steuerpflichtigen, so kann der Steuerpflichtige gegen die Einspruchsentscheidung beim Finanzgericht klagen. Laut der BMF-Statistik wurden im Jahr 2019 rund 65.000 Klagen erhoben. Das entspricht lediglich 2 Prozent der insgesamt erledigten Einsprüche. Der Grund dafür ist, dass das finanzgerichtliche Verfahren mit mehr Aufwand als der Einspruch und einem Kostenrisiko verbunden ist.