Mit Urteil vom 3.9.2015 – VI R 18/14 (BStBl II 2016, 272) gewährte der BFH für Aufwendungen eines Hausnotrufsystems, das innerhalb eines „Betreuten Wohnens“ zur Verfügung gestellt wurde, eine Steuerermäßigung für haushaltnahe Dienstleistungen (§ 35a Abs. 2 Satz 1 EStG).
Die Kosten des Hausnotrufsystems innerhalb eines „Betreuten Wohnens“ im Rahmen einer Seniorenwohneinrichtung werden auch von der Finanzverwaltung berücksichtigt. Eine Steuerermäßigung wird laut Anlage 1 zum BMF-Schreiben vom 9.11.2016 (BStBl I 2016, 1213) allerdings nicht für Hausnotrufsysteme gewährt, die außerhalb eines „Betreuten Wohnens“ in Anspruch genommen werden.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg lehnte mit Urteil vom 13.9.2017 – 7 K 7128/17 (EFG 2018, 40) – in Abgrenzung zu dem vorgenannten BFH-Urteil – die Steuerermäßigung für ein Notrufsystem im Haushalt ab, mit dem speziell Einbrüche, Diebstähle, Brandfälle und Gasaustritte überwacht wurden. Ein Hausnotrufsystem, das sich im Rahmen eines „Betreuen Wohnens“ befindet, soll dagegen die medizinische Versorgung des Bewohners bei dessen Anwesenheit in der Wohnung in Notfällen sicherstellen.
Zur Steuerermäßigung für Aufwendungen eines Hausnotrufsystems, welches die medizinische Versorgung außerhalb eines “Betreuten Wohnens” sicherstellt, hat das Sächsische Finanzgericht mit Urteil vom 14.10.2020 – 2 K 323/20 entschieden. Das Finanzgericht hat klargestellt, dass die Aufwendungen eines Hausnotrufsystems auch bei alleinlebenden Senioren steuerlich zu berücksichtigen seien, da der Leistungserfolg in der Wohnung der Person eintrete. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 3.9.2015 – VI R 18/14 (aaO.) seien auch auf Fälle außerhalb eines “Betreuten Wohnens” übertragbar. Die Revision hat das Finanzgericht nicht zugelassen. Dagegen legte das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) beim Bundesfinanzhof ein. Die NZB wird geführt unter Az. VI B 94/20.
In einem anderen Verfahren hat das Finanzgericht München mit Urteil vom 2.12.2020 – 2 K 313/18 die Klage abgewiesen. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, die Leistung werde außerhalb des Haushalts, nämlich in der Notrufzentrale des Anbieters er-bracht. Eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG sei daher nicht zu ge-währen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen legte der*die Kläger*in NZB ein. Die Beschwerde wird beim Bundesfinanzhof unter Az. VI B 104/20 geführt
Handlungsempfehlung
- Wir empfehlen, die Steuerermäßigung für ein Hausnotrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung i. S. d. § 35a Abs. 2 EStG zu beantragen, auch wenn das Hausnotrufsystem außerhalb eines „Betreuten Wohnens“ in Anspruch genommen wird.
- Wenn Sie den Antrag auf die Steuerermäßigung erst im Einspruchsverfahren nach Erlass des Einkommensteuerbescheids stellen, erreichen Sie eine zügige Bearbeitung der Einkommensteuererklärung.
- Sie können den Einspruch auf die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH mit dem Aktenzeichen VI B 94/20 stützen. Der Einspruch ruht von Amts wegen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.
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