Die Steuererklärung ist für viele Bürgerinnen und Bürger oft ein unangenehmes Thema. Hier erläutern wir, wann die Abgabepflicht besteht und warum es sich lohnen kann, die Steuererklärung freiwillig einzureichen.
Es gibt eine gute Nachricht: Nicht jeder ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Wenn Sie zum Beispiel ledig sind und als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer tätig sind, zieht der Staat automatisch einen Teil Ihres Lohns als Einkommensteuer ab. Das bedeutet, dass Ihre Einkünfte zu diesem Zeitpunkt bereits besteuert sind, und unter bestimmten Umständen können Sie sich möglicherweise die Formulare für das Finanzamt ersparen. Dennoch besteht für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung, auch bekannt als Veranlagungspflicht.
Bei der Veranlagungspflicht geht das Finanzamt davon aus, dass die abgezogenen Steuern der Arbeitnehmer nicht ausreichend sind. Dies trifft unter anderem auf die folgenden Situationen zu:
- Falls Sie neben Ihrem Arbeitslohn zusätzliche Einkünfte von insgesamt über 410 Euro im Jahr erzielt haben, beispielsweise aus Vermietung, Verpachtung oder Renten
- Wenn Sie und Ihr Ehe- oder Lebenspartner Arbeitslohn bezogen haben und einer von Ihnen nach Steuerklasse V oder VI besteuert wird, oder wenn Sie und Ihr Ehe- oder Lebenspartner die Steuerklasse IV mit Faktor gewählt haben
- Wenn das Finanzamt einen Freibetrag für Sie eingetragen hat, beispielsweise für Fahrtkosten zur Arbeit oder Kinderbetreuungskosten, und Ihr Arbeitslohn als Single mehr als 13.150 Euro oder als Ehepaar mehr als 24.950 Euro im Jahr beträgt
- Falls Sie von mehreren Arbeitgebern gleichzeitig Lohn erhalten haben
- Wenn Sie steuerfreie Entgeltersatzleistungen von insgesamt mehr als 410 Euro im Jahr erhalten haben
- Im Falle einer Scheidung und erneuten Heirat im gleichen Jahr
Pflichtveranlagung bei Kapitalerträgen mit Kirchensteuer
Wenn Sie Erträge aus Kapitalanlagen, wie beispielsweise Zinsen oder Dividenden, erzielen, sind Sie verpflichtet, Abgeltungssteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer zu entrichten. Seit 2015 wird die Kirchensteuer in der Regel automatisch von der Bank einbehalten, sodass eine separate Steuererklärung in der Regel nicht erforderlich ist.
Falls die Bank jedoch keine Kirchensteuer einbehält, weil Sie dies ausdrücklich abgelehnt haben, müssen Sie eine Steuererklärung abgeben. In diesem Fall sind Sie dazu verpflichtet, das Formular Anlage KAP auszufüllen.
ÜBRIGENS:
Seit der Einführung der Rentenreform im Jahr 2005 sehen sich zunehmend mehr Rentner mit der Verpflichtung konfrontiert, Steuern zu entrichten und gegebenenfalls eine Steuererklärung einzureichen.
Die freiwillige Steuererklärung lohnt sich
Auch wenn Sie nicht dazu verpflichtet sind, eine Steuererklärung einzureichen, haben Sie dennoch die Möglichkeit, dies zu tun! Und es kann sich durchaus lohnen. Häufig können gerade Personen, die nicht zur Abgabe verpflichtet sind, mit einer Steuerrückerstattung rechnen und sich überschüssige Zahlungen vom Staat zurückholen.
ÜBRIGENS:
Unabhängig davon, ob Sie als Arbeitnehmer/in, Rentner/in oder Auszubildende/r tätig sind, empfehlen wir grundsätzlich jedem, eine Steuererklärung einzureichen.
Es kann besonders vorteilhaft sein, eine Steuererklärung abzugeben, wenn Sie:
- hohe Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen aufweisen.
Steuerermäßigungen für beispielsweise haushaltsnahe Beschäftigungs- oder Dienstleistungsverhältnisse geltend machen möchten - ein geringes Einkommen haben und beispielsweise eine zweite Berufsausbildung absolvieren. In diesem Fall können Sie einen Verlustvortrag geltend machen und Ihr Minus steuermindernd verrechnen
- als Arbeitnehmer/in während eines Kalenderjahres nicht durchgehend in einem Dienstverhältnis gestanden haben
- im Verlauf des Kalenderjahres einen variablen Arbeitslohn erhalten haben
- im Laufe des Jahres eine Änderung Ihrer Steuerklasse vorgenommen haben
ÜBRIGENS:
Wenn Sie freiwillig eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen, obwohl dies nicht zwingend erforderlich ist, wird dies im Steuerrecht als Antragsveranlagung bezeichnet. Sollten Sie dabei eine Nachzahlung feststellen, besteht sogar die Möglichkeit, die Steuererklärung zurückzuziehen.
Fragen Sie sich, welche Steuerrückerstattung Sie bei einer freiwilligen Einreichung der Steuererklärung erwarten können? Lohnlotse e.V. steht Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihnen bei Ihren Anliegen behilflich zu sein. Hier finden Sie weitere Informationen zur Beratersuche.
Steuererklärung bis zu vier Jahre rückwirkend abgeben
Wenn Sie sich entscheiden, Ihre Steuererklärung freiwillig einzureichen, unterliegen Sie nicht den gängigen Abgabefristen. Stattdessen haben Sie die Möglichkeit, sich deutlich mehr Zeit zu lassen und Ihre Steuererklärung bis zu vier Jahre rückwirkend einzureichen. Das bedeutet konkret, dass Sie die Steuererklärung für das Jahr 2021 bis zum 31. Dezember 2025 ausfüllen und beim Finanzamt einreichen können. Früher wurde die freiwillige Steuererklärung übrigens auch als Lohnsteuerjahresausgleich bezeichnet.